Schloss Einstein - die erste Soap Opera im deutschen Kinderfernsehen | ||
Diplomarbeit von Peter Hermann | ||
Diana Schulte-Kellinghaus Programmplanerin beim ARD/ZDF-Kinderkanal, Erfurt Telefoninterview am 20.12.99 |
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Welche Überlegung gab es zur Wahl der Sendeplätze für Schloss Einstein? Wir hatten für Schloss Einstein von Anfang an drei verschiedene Sendeplätze pro Woche. Dadurch versuchen wir, möglichst die gesamte Zielgruppe zu erreichen. Mit dem Sendeplatz am Montag um 14.00 Uhr erreicht man eben Kinder, die gerade von der Schule kommen, bevor ihr eigenes Nachmittagsprogramm losgeht. Es ist sicherlich die gleiche Zielgruppe, aber es sind wahrscheinlich andere Kinder, die sich Schloss Einstein an diesem Sendeplatz ansehen, als an den anderen Sendplätzen. Ich weiß, dass es Kinder gibt, die sich Schloss Einstein nur am Freitag ansehen und Kinder, die ihren Stammsendeplatz am Samstag haben. Spielte die Konkurrenzsituation bei der Wahl der Sendeplätze eine Rolle? Nicht so sehr. Zum einen waren wir beim Kinderkanal schon immer der Hoffnung, dass der Freitagnachmittag ein Sendeplatz für ältere Kinder werden könnte. Wir haben dort schon vor Schloss Einstein mal eine Strecke gehabt, die nannte sich XXup und richtete sich an die Älteren. Wir haben dann gesagt, wenn wir am Freitag also die älteren Kinder haben wollen - und in der Regel haben wir am Freitag immer viele Kinder - dann ist das ein guter Sendeplatz für die Erstausstrahlung der Einstein-Folgen. Zum anderen ist es so, dass wir die ganze Woche durchstrippen und man eigentlich nicht an einem Dienstag, Mittwoch oder Donnerstag so ein Format laufen lassen kann, das den Serienfluss unterbricht. Das hat auch ein bisschen mit den Wiederholungsstrukturen zu tun. Die Konkurrenzbeobachtung war nicht ausschlaggebend. Es war eigentlich vorrangig ein planerisches Problem, das wir lösen mussten und das Interesse, dem Freitag, der bei uns ohnehin ein gut laufender Tag ist, einen weiteren Aufschwung zu geben. Wobei man schon sagen muss, dass um 17.05 Uhr am Freitag ein idealer Sendeplatz ist, weil außer auf Super RTL kein kinderrelevantes Programm auf den anderen Sendern läuft. Das ist eine Erfahrung, die wir in den letzten Monaten immer deutlicher machen. Wir sind am Nachmittag sehr dominant in unserer Zielgruppe, während wir uns am frühen Nachmittag, also zwischen eins und vier, ziemlich schwer tun. Also im Grunde haben wir Schloss Einstein am Freitag auf einen Platz gehobenen, an dem die Sendung ohnehin gut laufen kann, weil die Konkurrenz nicht so stark ist. Hat die Programmierung auch etwas mit den Anfangszeiten der Daily Soaps zu tun? Direkt im Anschluss an Schloss Einstein an Freitagen startet um 17.30 Uhr die erste Daily Soap des Vorabendprogramms, Unter Uns auf RTL. Das stimmt, aber das war eigentlich nicht die Überlegung. Wir sehen Schloss Einstein bewusst nicht als normale Soap. Wir wollen es schon qualitativ etwas höherwertig ansetzen. Ob das auch wirklich so ist, ist dann immer noch Geschmacks- und Beurteilungssache. Aber die Anfangszeiten der Daily Soaps waren für die Wahl des Programmplatzes am Freitag nicht ausschlaggebend. Sollten mit den verschiedenen Sendeplätzen unterschiedliche Altersgruppen erreicht werden? Es ist ja nun so, dass Schloss Einstein von vielen Zielgruppen gut erreicht wird, also nicht nur von der, die eigentlich damit anvisiert wird. In der Tat ist es ja so, dass auch sehr viele kleinere, also auch Kinder bis 9 Jahre, Schloss Einstein gucken und das ist natürlich positiv für uns. Durch die jeweils vor- und nachfolgenden Sendungen ist Schloss Einstein, an den verschiedenen Sendeplätzen natürlich ganz unterschiedlich platziert. Am Samstag läuft vor Schloss Einstein z.B. Reläxx, das sich auch an ältere Kinder richtet. Am Montag läuft davor TKKG, das ist für eine mittlere Zielgruppe, also eine andere Ausrichtung, und ab 16.30 Uhr, das betrifft den Sendeplatz am Freitag, versuchen wir, das Programm generell auf ältere Kinder auszurichten. Hat der Kinderkanal generell ein Problem, ältere Kinder und Jugendliche zu erreichen? Er hat das Problem, dass Kinderprogramme generell haben. Die Zielgruppe ab 11 will sich mit Ihnen nicht mehr identifizieren, weil das nur mehr etwas für die "Kleinen" ist. Viele schauen zwar den Kinderkanal, würden das aber nicht mehr eingestehen. Gibt es denn Begleitforschung zu Schloss Einstein? Es gibt im Kinderkanal standardisierte Auswertungen nach Altersgruppen und Geschlecht. Allerdings hat es zu Schloss Einstein noch keine gesonderte Forschung gegeben. Wie schneidet denn Schloss Einstein quotentechnisch im Vergleich mit den Sendungen ab, die an den anderen Wochentagen in der gleichen Zeitschiene gestrippt werden, also z.B. Amanda und Betsy von Montag bis Donnerstag, 17.05-17.30 Uhr? Also zum Beispiel Amanda und Betsy, das ist ein Sitcom-Format vom ZDF mit 65 Folgen. Das war ganz gut vergleichbar und hatte im Grunde ganz ähnliche Quoten und eine ähnliche Altersverteilung, war aber von der Orientierung noch stärker als Schloss Einstein auf Mädchen ausgerichtet. Das hängt immer vom Format ab. Haben die Programme, die an den anderen Wochentagen auf der gleichen Zeitschiene wie Schloss Einstein gesendet werden eine ähnliche Ausrichtung wie Schloss Einstein? Wir bemühen uns darum. An dem Programmplatz am Freitag wollen wir eigentlich immer etwas Unterhaltsames, Amüsierendes haben. Der Sendeplatz am Montag ist ganz anders, von Dienstag bis Freitag eine Trickschiene, die auch von der Orientierung eher etwas für Kleinere ist. Der Montag fällt bei uns ab der TKKG-Wiederholung eigentlich ein wenig aus dem Schema raus und fängt sich erst wieder zur Info-Schiene, also nach Schloss Einstein. Schloss Einstein - ein Fremdkörper in der Programmplanung des Kinderkanals, weil es nicht gestrippt wird? Das ist die negative Auslegung. Unser Wunsch ist es, Schloss Einstein auf Strecke zu bringen und das wird sicherlich in diesem Jahr passieren. Das heißt, wir wollen alle bisher gelaufenen Folgen am Stück senden, wochentäglich, jeden Tag, um das Format zu dem zu machen, was wir gerne hätten, eine Daily, um zu sehen, ob auch das funktionieren kann. Unser Wunsch ist es immer gewesen, eine tägliche Serie zu haben, aber das können wir uns mit unserem Budget gar nicht leisten und es wäre auch schwierig umzusetzen, mit Kindern als Darsteller. Sie glauben nicht, dass es problematisch sein könnte, unterschiedliche Folgen einer langlaufenden Serie im gleichen Sender parallel zu zeigen? Doch. Das ist sicherlich ein Problem. Da muss man eine Zeitstrecke finden, die weitab von den eingespielten wöchentlichen Sendeplätzen liegt. Aber das ist sicherlich schwierig und führt auch leicht zur Verwirrung. Wir hatten diese Sorge aber auch schon, als Schloss Einstein in der ARD gestartet ist. Gut, das ist ein anderer Kanal, aber im Grunde auch ein Kanal, in dem das Kinderprogramm von Kinderkanal und ARD läuft. Das hat aber reibungslos funktioniert. Wurde versucht, Schloss Einstein so zu konzipieren, dass man es sowohl als Weekly, als auch als Daily zeigen kann? Also es war ursprünglich so gedacht, dass immer ein Schuljahr erzählt werden sollte. Ich glaube, diese Idee steht inzwischen nicht mehr im Vordergrund. Also beispielsweise haben wir am 24. Dezember keine Weihnachtsfolge und am 31 Dezember gibt es auch keine Sylvesterfolge. Wir haben uns dann damit geholfen, dass die Schloss Einstein-Kinder die Folgen in der jeweiligen Weihnachts- und Sylvesterdekoration ansagen werden. Diese Angst davor, Osterfolgen zu Weihnachten zu senden, und umgekehrt, die baut man hier im Kinderkanal ab. Wenn man eine Serie mit 30 Teilen hat, dann hat man meistens eine Weihnachtsfolge dabei, und das kann man nicht koordinieren, dass die dann immer exakt zum richtigen Zeitpunkt gesendet wird. Da heißt es einfach: Augen zu und durch. Ich denke, bei Schloss Einstein gibt es sehr viel weniger Probleme, als in anderen Programmen. Die Struktur des Programms erlaubt beide Ausstrahlungsformen. Gibt es noch andere Planungen, wie Schloss Einstein eingesetzt werden soll? Schloss Einstein soll demnächst auch auf einigen Dritten Programmen starten. Um es auch später noch wiederholen zu können, wird bei Schloss Einstein bewusst und so weit das geht auf aktuelle Zeitbezüge, Musik aus den Charts und Modetrends verzichtet. Wenn man sich das Programm des Kinderkanals einmal ansieht, gibt es ja so eine Art Cross-Promotion - kann man das so nennen? - zwischen Schloss Einstein und anderen Kinderkanal-Formaten. Steht Schloss Einstein im Mittelpunkt dieser Aktivitäten? Ja, das ist ganz bewusst so geplant. Ich würde es tatsächlich Cross-Promotion nennen, weil wir Formate, die bei uns gut laufen, gezielt auch in anderen Sendungen noch einmal unterbringen möchten. Diese Art von Cross-Promotion funktioniert mit Schloss Einstein hervorragend, weil Budhi und die anderen Darsteller aus Schloss Einstein so beliebt und populär sind, dass die Kinder noch viel mehr von Ihnen erfahren wollen. Was wurde denn in diese Richtung schon alles unternommen? Es wird im Januar eine neue Sendung geben, Startaxxi, mit Promi-Interviews, da werden Budhi und Oliver zu sehen sein. Dann hat es Budhi in der Adventsboxx gegeben, diverse Darsteller waren schon in den Aktivboxxen, bei Reläxx gab es eine Sendung. Dann gab es, glaube ich, einen Besuch der Darsteller im Tigerentenclub. Und dann gibt es natürlich den Weg zurück, dass nämlich unsere Moderatoren Karsten Blumenthal und Franziska Rubin Gastrollen in Schloss Einstein spielen werden. Ich glaube Karsten hat jetzt 6 oder 7 Folgen, kommt dann aber wieder, weil er so gut gefallen hat. Wird Schloss Einstein häufig betrailert? Ja, Schloss Einstein bekommt so viele Trailer, wie sonst kaum ein Programm, vor allem auch so viele unterschiedliche. Also ein Programm, das 26 Teile hat, bekommt in der Regel zwei Trailer, einen Trailer für die Nachmittagsvariante und einen Trailer für die Morgenwiederholung. Schloss Einstein hat, glaube ich, drei unterschiedliche Trailer und wird sehr intensiv betrailert. Welche Bedeutung hat Schloss Einstein für die Programmplanerin des Kinderkanals? Es ist ein Programm, dass dem Kinderkanal äußerst wichtig ist. Wir sind sehr froh, dass wir es haben. Wir legen sehr großen Wert darauf und möchten es pflegen. Natürlich freuen wir uns über den Erfolg und versuchen im Grunde, unser möglichstes zu tun, dass es läuft. Ist Schloss Einstein auch vor dem Hintergrund ein Erfolg, dass die durchschnittlichen Marktanteile von Schloss Einstein in der Regel kaum höher liegen, als die des Kinderkanals insgesamt? Was für mich vorrangig wichtig ist, ist die Resonanz der Kinder. Also wir hatten vorige Woche z.B. wieder einmal 200 Briefe allein für Oliver bekommen, und so etwas gibt es bei den anderen Sendungen nicht. Also die Identifikation der Kinder ist enorm und das fast wichtiger als die Einschaltquoten. Und: Jeder kennt das Programm, das ist ein ganz großes Plus. Es prägt den Kinderkanal ein bisschen, es ist ein neues Programm, es ist ein frischer Wind. Ich würde auf jeden Fall sagen, Schloss Einstein ist ein ganz großer Gewinn für uns. Hängt die Idee, Schloss Einstein zu entwickeln, mit der Gründung des Kinderkanals zusammen? Den Entschluss, Schloss Einstein zu entwickeln gab es in der ARD, als es den Kinderkanal schon lange gab. Wir haben immer darüber gesprochen, was sind unsere Defizite, was brauchen wir. Es war sehr früh klar, dass wir im Grunde so etwas wie Schloss Einstein brauchen, eigentlich sogar eher mehr davon, am liebsten nicht nur einmal, sondern fünfmal die Woche. Und dann hat sich eben irgendwann der WDR für die ARD darum gekümmert und musste dann natürlich erst mal die anderen Anstalten ins Boot ziehen, weil das natürlich eine sehr teure Unternehmung ist, im Verhältnis zu den sonstigen Mitteln, die wir für Programme aufwenden. Wie wird Schloss Einstein denn finanziert? Das ist eine ARD Umlage aus den Mitteln die es für die Häuser für den Kinderkanal gibt. Die ARD erhält etwa 25 Millionen. Aus diesen Geldern wird im Prinzip alles finanziert, was die Häuser für den Kinderkanal aufzubringen haben, also sowohl Personalkosten, als auch Programmkosten usw. Und Schloss Einstein ist budgetiert mit 18 Millionen, dass ist dann im Verhältnis natürlich ein Riesenbatzen. Das ist aufgeteilt auf die Häuser, die Co-Produzenten sind. Also die Hauptträger sind sowohl MDR als auch WDR. Dabei sind aber auch alle anderen ARD-Anstalten. |
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